Was wird wirklich bewertet - die Sprachkenntnisse oder die Fachkenntnisse?
Wenn du als Arzt in Deutschland arbeiten willst, dann musst du die Fachsprachprüfung in Medizin in Deutschland ablegen. In dieser zeigst du in einem Patientengespräch und in einem Gespräch mit einem Facharzt dein Können. Aber was wird in dieser Prüfung wirklich getestet - die Sprachkompetenz oder die Fachkompetenz? In diesem Artikel erkläre ich dir, was in der Fachsprachprüfung Medizin wirklich bewertet wird.
Das findest du in diesem Artikel:
1. Deutschkenntnisse sind wichtiger als Fachkenntnisse!
2. Du musst grundlegende Fachkenntnisse haben und diese auch auf Deutsch erklären können.
3. Du musst keine besonders schwierigen und komplizierten Diagnosen kennen.
4. In der Prüfung sitzen Sprachlehrer UND Ärzte.
5. Du brauchst ein gutes Hörverstehen, damit du alle Informationen und Aussagen des Patienten korrekt verstehst.
Bonus: Wichtig ist nicht nur, WAS du sagst, aber auch WIE du es sagst!
1. Deutschkenntnisse sind wichtiger als Fachkenntnisse!
Das Hauptziel der Fachsprachprüfung ist, dass du zeigst, dass du als Ärztin/ Arzt in der Lage bist, die Patienten und Kollegen so gut zu verstehen, dass du richtige Diagnosen stellen oder Therapievorschläge machen kannst. Sowohl die Diagnosen als auch Therapievorschläge, Untersuchungsabläufe und Patientenvorstellungen musst du sehr gut auf Deutsch erklären können, damit jeder dich ohne Probleme versteht.
Außerdem musst du auch schriftliche Texte für die alltägliche medizinische Dokumentation in sehr gutem Deutsch schreiben können.
Du kannst der beste Experte auf deinem Gebiet sein, aber wenn deine Deutschkenntnisse nicht ausreichen, dann wirst du die Fachsprachprüfung oder den Patientenkommunikationstest
nicht bestehen.
Bereite dich also mit solchen Büchern auf die Fachsprachprüfung/ den Patientenkommunikationstest vor, die hauptsächlich deine Sprachkenntnisse für das medizinische Deutsch verbessern. Viele meiner Klienten lesen für die Prüfungsvorbereitung Fachbücher auf Deutsch. Das ist sicherlich nicht falsch, aber du musst auch die Patientensprache üben und nicht nur die hohe Fachsprache.
Bereite dich nicht nur mit medizinischen Fachbüchern
auf die Prüfung vor!
1. Du musst grundlegende Fachkenntnisse haben und diese auch auf Deutsch erklären können
Offiziell heißt es in den Bewertungskriterien, dass es in der Prüfung nur um die Deutschkenntnisse und nicht um die medizinischen Fachkenntnisse gehen sollte. In der Realität hängt das aber immer vom Prüfer ab.
Es hängt immer vom Prüfer ab, ob NUR die Sprachkenntnisse
oder AUCH Fachkenntnisse getestet werden.
Sollte der Prüfungskandidat sehr unsinnige und zweifelhafte Diagnosen in der Prüfung stellen, dann spielt das Fachwissen bei der Bewertung schon eine Rolle.
Die Frage, die ich – als Deutschlehrerin - mir hier stellen würde, wäre: warum kommt der Prüfungskandidat nach der Befragung des Patienten (also dem Anamnesegespräch) auf eine solche (nicht fachgerechte) Diagnose?
Hat er den Patienten und seine Symptome nicht richtig verstanden oder fehlt dem Prüfungskandidaten wirklich medizinisches Wissen? In einem solchen Fall muss der Prüfungskandidat sicherlich mit weiteren Fragen von der Prüfungskommission rechnen, die damit testen will, woran der Fehler lag. Und in dem Fall wird sicher auch Fachwissen getestet.
Der Arzt muss in der Lage sein, verständlich und auf Deutsch seine Verdachtsdiagnose zu erklären.
Ein anderer Fall (den schon eine Klientin von mir hatte) ist, dass ein Arzt aus der Prüfungskommission aus dem gleichen Fachgebiet war, wie sie selbst. In diesem Fall kann es passieren, dass auch einmal fachspezifische Fragen außerhalb der normalen Prüfungsfragen gestellt werden.
Diese fachspezifischen Fragen sind jedoch meistens kein Problem zu beantworten, wenn der Prüfungskandidat das Sprachniveau B2-C1 hat. Man sollte dieses Nachfragen auch nicht negativ verstehen. Es sitzt dort einfach ein Kollege aus dem gleichen Fachgebiet, der an Ihrer Meinung zu verschiedenen Dingen interessiert ist. Bleib in solchen Situationen ruhig und vertraue auf dein Fachwissen.
3. Du musst keine besonders schwierigen und komplizierten Diagnosen kennen
Nach dem Anamnesegespräch muss eine Verdachtsdiagnose und differentialdiagnostische Möglichkeiten erstellt werden. Dazu müssen weitere Untersuchungen empfohlen werden, die diese Diagnose abklären.
Ich habe nicht Medizin studiert, aber selbst ich kann (nach jahrelanger Beschäftigung mit diesem Thema) nach den meisten Anamnesegesprächen eine Diagnose erstellen und weitere Untersuchungen empfehlen.
In der Prüfung handelt es sich meistens um standardmässige Diagnosen, die jeder Allgemeinmediziner stellen kann.
In der Regel empfiehlt man als weitere Untersuchungen, unter anderen, immer die körperliche Untersuchung, eine Blutabnahme und ein bildgebendes Verfahren.
Du solltest also keine Angst vor komplizierten Patientenfällen haben, die nicht in deinem Fachbereich liegen. Und selbst wenn du nicht 100prozentig die richtige Diagnose stellst, dann ist das kein Problem (wenn es nicht komplett in die falsche Richtung geht).
Vertraue also auf dein Fachwissen und konzentriere dich bei der Prüfungsvorbereitung hauptsächlich auf die Verbesserung
deiner Deutschkenntnisse.
4. In der Prüfung sitzen Sprachlehrer UND Ärzte
Laut Prüfungsordnung müssen mindestens zwei Prüfer in der Kommission sitzen. Meistens sitzen dort jedoch drei oder mehr Personen.
In der Regel sollten fünfzig Prozent der Prüfer Sprachlehrer (mit medizinischen Kenntnissen) sein und die andere Hälfte Ärzte.
Damit soll sichergestellt werden, dass hauptsächlich die sprachlichen Kompetenzen getestet werden, aber dass auch überprüft werden kann, ob das Gespräch oder die geschriebenen Texte in die Realität eines klinischen Alltags passen.
5. Du brauchst ein gutes Hörverstehen, damit du alle Informationen und Aussagen des Patienten korrekt verstehst.
Wie in jeder Sprachprüfung, gibt es auch in der medizinischen Fachsprachprüfung offizielle Bewertungskriterien.
Es geht hauptsächlich darum, dass der Prüfungskandidat
- flüssig und ohne Anstrengung spricht,
- eine verständliche Aussprache hat,
- sich grammatisch korrekt ausdrückt,
- den Patienten gut versteht und auf Nachfragen des Patienten sprachlich gut reagieren kann,
- dem Patienten Untersuchungsabläufe gut erklären kann,
- mit dem Kollegen in Fachsprache sprechen kann, wo es notwendig ist,
- fachliche Fragen korrekt beantworten kann,
- die Verdachtsdiagnose vollziehbar begründen kann,
- eine schriftliche Dokumentation inhaltlich korrekt, gut strukturiert und in Fachsprache verfassen kann.
Bonus: Wichtig ist nicht nur, WAS du sagst, aber auch WIE du es sagst!
Es geht aber in der Prüfung nicht immer nur um
die sprachliche Kompetenz.
Wichtig ist hier auch ein selbstbewusstes, offenes und freundliches Auftreten. Als Arzt bist du den ganzen Tag in Kontakt mit Menschen und da ist die Art des Sprechens und der Kontaktaufnahme sehr wichtig.
Es gibt dafür natürlich keine Bewertungskategorie, aber indirekt spielt das Auftreten eine sehr wichtige Rolle.
Mit einer positiven, offenen und verständnisvollen Art, kann man manche grammatischen Fehler ausgleichen.
Lies gern dazu auch meinen Artikel: Welches Sprachniveau braucht man, um in Deutschland als Arzt zu arbeiten
Wenn du unsicher bist, welches Sprachniveau du hast, dann mache hier meinen kostenlosen Sprachtest.
Zusammenfassung
Wenn du in naher Zukunft die Fachsprachprüfung ablegen willst, dann konzentriere dich hauptsächlich auf die Verbesserung deiner Sprachkenntnisse und auf das Lernen von Patienten- und Fachsprache. Du musst keine weiteren Fachbücher lesen. Besser ist es, sich Lehrbücher zu besorgen, die auf die medizinische Sprachprüfung vorbereiten.
Hast du schon Erfahrungen mit der Fachsprachprüfung Medizin oder dem Patientenkommunikationstest gemacht? Oder bereitest du dich gerade darauf vor? Schreibe mir gern etwas dazu in den Kommentar unter diesen Text.
Wer schreibt hier? Lies meinen Artikel: 25 interessante Dinge über Lysann
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